Donnerstag, 10. Februar 2011

Pharmalobby: Gesetz schmerzt, Cornelia Yzer geht

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) teilt heute mit, dass Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer zum 1. Juni 2011 geht. "Nach 15 arbeitsintensiven und spannenden Jahren in einer Branche, deren Arbeit wie kaum eine andere unmittelbar den Menschen hilft, will ich mich nun einer neuen Herausforderung stellen", sagt die ehemalige CDU-Politikerin. Der Nachfolger ist noch nicht bekannt.

Yzer ist eine der bekanntesten Verbandslobbyistinnen, sie war stets präsent in den Medien, der vfa ist unter ihrer Führung ein Kampagnen-Verband geworden. Und ein Lieblingsfeindbild der Lobbykritiker. Dass Yzer den vfa verlässt, meint die WirtschaftsWoche, sei "wohl nicht ganz freiwillig. Die Pharmaindustrie soll zuletzt mit ihrer Leistung unzufrieden gewesen sein."
"Immer mal wieder war aus der Branche zu hören, dass sich Yzer zunächst zu sehr darauf verlassen habe, dass sich unter der schwarz-gelben Regierung für die Pharmaindustrie wenig ändern werde. Doch dann setzte Gesundheitsminister Rösler Zwangsrabatte durch sowie eine neue  Preispolitik. Rösler wollte erreichen, dass die Krankenkassen künftig mehr Geld sparen. Doch was für die Patienten gut ist, ärgert die Pharmaindustrie. Yzer habe die Gefahr unterschätzt, hieß es."
Spiegel online nennt die Entscheidung einen "Paukenschlag" und schreibt:
"Die Firmen lasten der früheren CDU-Politikerin vor allem an, dass sie das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) völlig falsch eingeschätzt habe. So wird Yzer in der Branche vorgeworfen, sie habe geglaubt, mit Amtsantritt der schwarz-gelben Koalition würden für die Pharmaindustrie noch goldenere Zeiten anbrechen. Stattdessen reformierte Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) den Medikamentenmarkt radikal. Die Firmen mussten einen Zwangsrabatt auf Arzneien zugunsten der Krankenversicherung akzeptieren und müssen künftig die Preise für neue innovative Medikamente mit den Kassen aushandeln. Der Einfluss des vfa war im Gesetzgebungsverfahren eher bescheiden. 'Yzer hat einen Fehler nach dem anderen gemacht. Es war unvorstellbar, dass sie das AMNOG überlebt', sagt ein Insider."
Laut Spiegel online könnte Yzer zum europäischen Pharmaverband EFPIA wechseln. "Und damit wird die Personalie richtig interessant. Denn ein Karrieresprung wäre der Wechsel von Berlin und Brüssel nicht. Ein hochrangiger Vertreter eines Pharmakonzerns sagt: 'Sie würde weggelobt.'"

Auch die ÄrzteZeitung meint:  
"Der Rücktritt von Yzer kommt nicht ganz überraschend. Seit Monaten wird bereits spekuliert, Yzer werde ihr Amt wegen anhaltender Kritik am Kurs des Verbands niederlegen. Die Arzneimittelreform, die zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, sieht eine Reihe von Neuerungen vor, die Vertretern der Pharmabranche quer im Bauch liegen. (...). Die Pharmahersteller hatten gegen diese Eingriffe, vor allem aber gegen die schnelle Nutzenbewertung neuer Medikamente, bis zuletzt Front gemacht. Sie befürchten dadurch negative Auswirkungen für den Pharmastandort Deutschland. Die Unternehmen könnten vor Investitionen in innovative Therapien zurückschrecken und infolgedessen ihre Leitfunktion für den europäischen Pharmamarkt verlieren."

2010 musste bereits ein Verbandsgeschäftsführer der Pharmabranche gehen, nachdem er in einem TV-Interview untragbar geworden war. Siehe Blogeintrag vom Mittwoch, 26. Mai 2010: "Pharma-Verband ProGenerika geht Satiriker Sonneborn auf den Leim"

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