Freitag, 12. März 2010

"Ministerien verweigern den Durchblick"

Mit der Transparenz stehen viele Ministerien auf Kriegsfuß, beklagt Thomas Sigmund, Berlin-Korrespondent beim Handelsblatt. Wer wissen wolle, wer auf der Seite der Bundesregierung arbeitet, stehe oftmals vor verschlossenen Türen. Ein Thema, das Unternehmen und Verbände nur allzu gut kennen – und was Beratern nur Recht ist, denn ein von Insidern zugesteckter aktueller, detaillierter Organisationsplan in der Schublade lässt sich leicht versilbern: Zugangswissen heißt manchmal ganz simpel sagen zu können, dass Frau Ministerialrätin X das Referat Y leitet und die Durchwahlnummer 123 sowie die Emailadresse Z hat.

Eigentlich albern, dass einige Ministerien die detaillierten Organigramme immer noch als vertraulich einstufen. Zwar hat sich da seit den 90ern viel getan -- Rot-Grün schnitt einige alte Zöpfe ab und gelobte mehr Transparenz und Serviceorientierung.

Die Gemeinsame Geschäftsordnung (GGO) der Bundesministerien, die die Grundsätze der Organisation und Abläufe recht detailliert beschreibt und vor einigen Jahren gründlich überarbeitet wurde, sagt klar:
§7 (4) Der organisatorische Aufbau des Bundesministeriums ist zu veröffentlichen.

So gibt es inzwischen auf jeder Website Angaben zu Strukturen und Arbeitsbereichen, und einige Ressorts haben die Fenster weit aufgemacht. Andere nutzen den Spielraum und veröffentlichen nur Teile des Organisationsplans. Sie "verweigern den Durchblick", so das Handelsblatt. Und das passe nicht zu den Forderungen nach mehr Transparenz, die die Regierung derzeit besonders der Finanzwirtschaft stellt.

Manche Organigramme der Ministerien verraten, welcher Abteilungs- oder Referatsleiter für welches Thema zuständig ist. Doch die meisten schweigen sich darüber aus.

Ganz durchsichtig sind etwa das Bundesfinanzministerium, das Innenministerium und das Wirtschafts- und Umweltressort. Beim Bildungsministerium stehen zwar veraltete Namen im Netz - aber besser als nichts.

Ganze vorne beim Nichts liegt das Bundeskanzleramt, gefolgt vom Verteidigungsministerium. Das Arbeitsministerium nennt wiederum nur die Ministerin und die Staatssekretäre. Nichts erfährt man auch im Justizministerium, dem Auswärtigen Amt und dem Entwicklungshilfeministerium. Vielleicht liegt es daran, dass wichtige Posten noch nicht besetzt sind und das auffallen würde. Andere Posten sind besetzt, aber auch das soll wohl keiner wissen.

Allerdings:
Selbst wenn die Organisationspläne im Internet veröffentlicht sind, bleiben die detaillierten Geschäftsverteilungspläne meist nur im Intranet verfügbar; hier werden Zuständigkeitsregelungen und Dienstpostenbeschreibungen flexibel geändert, weshalb dafür manchmal auch Spezialsoftware (Beispiel) zum Einsatz kommt. Nur den Knopf "Veröffentlichen" hat man wohl vergessen.

Aktenpläne von Bundesbehörden dagegen müssen nach dem Informationsfreiheitsgesetz im Internet veröffentlicht werden (Suchfunktion bei bundesregierung.de).

Warum hat die Bundesregierung nicht so ein komfortables Mitarbeiter-Register wie die EU-Kommission?

Wie beim Informationsfreiheitsgesetz & Co immer wieder zu beobachten: In Deutschlands Verwaltung ist grundsätzlich alles geheim, was nicht explizit und auf politischen Druck hin öffentlich gemacht werden muss. Ein zähes Ringen wird es bleiben.

Kolumnist Dr. Hajo Schumacher fragte jüngst in der Süddeutschen:
Warum fordern Journalistenverbände eigentlich nicht hörbar nach umfassender, einklagbarer Auskunftspflicht von Behörden wie sie in den USA gilt? Nimmt die tatsächliche Recherchetiefe ab, müssen Recherchemöglichkeiten erweitert werden, damit zumindest die theoretische Kontrolle steigt.
Da könnten sich sogar manche Interessenvertreter anschließen. Recherchemöglichkeiten brauchen auch sie. Und auch sie sind ein Teil der öffentlichen Kontrolle.

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