Dienstag, 31. August 2010

Banken: Eine neue Antwort auf die alte Frage "Wer kontrolliert die Kontrolleure?"

Wer ein Unternehmen im Aufsichtsrat kontrolliert, bestimmen im Regelfall nur zwei: die Kapitaleigner und der Unternehmensvorstand. Wie fähig und gewissenhaft die Aufsichtsräte sind, oder ob und welche Interessenkonflikte bestehen, ist deren Angelegenheit, mit allen Konsequenzen. Wer kontrolliert die Kontrolleure?, das war schon immer eine heikle Frage. Die zu Hochzeiten der Deutschland AG stets gleich beantwortet wurde: Jedenfalls nicht der Staat.

Zumindest wenn es um die Banken geht, sieht der Regulierer das inzwischen anders. Seit August 2009 wird bei einem Finanzinstitut nur Aufsichtsrat, den auch die BaFin als "sachkundig" einstuft.

Aber es geht noch weiter: Die BaFin sortiert derzeit ihrer Ansicht nach inkompetente Aufsichtsräte von Banken aus und demonstriert damit ihre Macht. Eine erzwungene Abberufung, sogar ein Tätigkeitsverbot kann die Folge sein.

Das ist möglich, weil der Bundestag vor einem Jahr das Kreditwesengesetz verschärfte. Die FTD berichtet, in zehn Fällen nutze die Aufsichtsbehörde ihre neuen Kompetenzen sogar dazu, Kontrolleure aus dem Amt zu entfernen:
In einem Fall wirft die Behörde dem betroffenen Aufsichtsrat vor, zu wenig vom Bankgeschäft zu verstehen. In drei Fällen bemängelt sie, dass Aufsichtsräte zu viele Kontrollmandate haben. Bei sechs Aufsichtsräten zweifelt die BaFin an deren Zuverlässigkeit. Dies sei etwa dann der Fall, wenn ein Aufsichtsrat zugleich Kunde der Bank ist, sein Kredit aber ausfallgefährdet oder sogar ausgefallen ist...
Betroffene sollen angehört werden, am Ende läuft das komplizierte Abberufungsverfahren über die Hauptversammlung des Unternehmens. Aber schon die Untersuchung dürfte es der BaFin ersparen, am Ende formale Entscheidungen treffen zu müssen. "Wir rechnen damit, dass die Personen dann gegebenenfalls freiwillig zurücktreten werden", heißt es bei der BaFin.

Wie es aussieht, will die BaFin testen, wie weit sie gehen kann mit einer Gesetzesregelung, die vergangenes Jahr noch als recht stumpfes Schwert gesehen wurde. Aber wie immer hängt die Relevanz einer Regelung auch am Willen einer Behörde, sie umzusetzen. Die BaFin wetzt demonstrativ die Klinge.

Nun wird spannend, wen es tatsächlich trifft -- und wie das verkauft wird. Diskret und leise, oder als öffentliche Hinrichtung? Keine Frage, allein das Publikwerden einer BaFin-Untersuchung oder die Drohung damit kann einer Bank massiv schaden. Und Karrieren ruinieren.

Für Intrigenspinner auf der Chefetage bieten sich auch gleich neue Möglichkeiten, per "Durchstechen" unliebsame Aufsichtsräte zu entsorgen: "Hast du schon gehört, den Müller hat die BaFin auf dem Kieker..."

Blöd nur, wenn die BaFin sich mal irren sollte. Eben vergibt sie noch den Persilschein bei der Ernennung, dann lässt der "sachkundige" Aufsichtsrat doch riskante Geschäfte durch und wird später von der BaFin wieder eingesackt.

Ob die neue Praxis die alte Debatte um die Professionalisierung der Aufsichtsräte wieder anfacht?

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