Man mag nun einwenden, dass zahlreiche kommunale Versorger -- die sich gern als der "Energie-Mittelstand" sehen -- mit den Konzernen längst gemeinsame Sache machen.
In der Tat, es ist noch nicht so lange her, dass sie sich diesen an den Hals warfen -- in der Hoffnung, durch Bündnisse und wechselseitigen Einstieg als Anteilseigner auf jeden Fall das Überleben zu sichern.
RWE zum Beispiel weist stets darauf hin, dass sich ja auch Kommunalunternehmen unter den Anteilseignern befinden (ca. 17%). RWE, EON, Vattenfall und EnBW haben umgekehrt zahlreiche Beteiligungen an Hunderten von Stadtwerken (mal mit Mehrheit, mal ohne) – ein Zustand, den das Bundeskartellamt seit langem kritisiert und auch die EU-Kommission auf dem Kieker hat.
"Entbündelung", "vertikale Entflechtung", "Abspaltung" - käme es dazu, wären die Konzerne jedoch den leichten Zugang zu den Endkundenmärkten los. Und den Stadtwerken selbst wäre das auch nicht unbedingt recht. Einen "Zwangsverkauf" der Konzern-Anteile wollen sie nicht -- wer weiß, wer die Anteile kauft. Bevor man Gazprom oder US-Heuschrecken die Türen öffnet, lässt man es lieber ganz.
Die Energiewirtschaftspolitik der letzten Jahre aber hatte sich "Dezentralisierung" der Energieproduktion auf die Fahnen geschrieben. Dafür waren die modernen, effizienten Kleinkraftwerke, konventionelle wie die der erneuerbaren Energien, auch wie geschaffen. Stadtwerke blickten zudem über den Kirchturm hinaus, schufen Allianzen, legten Geld für Großinvestitionen zusammen, hofften darauf, sich von der Dominanz der Konzerne zu lösen.
"Die Unternehmen haben ihre großen Investitionen überwiegend zum Zeitpunkt des Atomausstiegsbeschlusses verkündetet. Das zeigt, dass diese Investitionen bewusst als Ersatz für wegfallenden Atomkraftwerke geplant waren", wird der Energieexperte Nicolai Herrmann von der Unternehmensberatung enervis, die eine Gruppe von 150 Stadtwerken mit einem Gutachten unterstützt hat, von dem Blatt zitiert. Er folgert: "Wenn sich diese Marktlücke nicht auftut, fehlt die Nachfrage, die die Kraftwerke erst notwendig gemacht hat."Wie konnte das passieren? Die Kommunalunternehmen, trotz formaler Privatisierungswelle immer noch geführt und kontrolliert von Politikern, haben schließlich großen Einfluss in den Parteien und auf die Landesregierungen. Doch das politische Gewicht hat offenbar nicht ausgereicht.
Nun bleibe die Vormachtstellung der Großen vorerst zementiert, und die Stadtwerke sehen milliardenschwere Investitionen gefährdet. Auf 4,5 Milliarden Euro schätzt der Chef des Darmstädter Versorgers HSE und Sprecher von acht großen Stadtwerken, Albert Filbert, den Schaden für die kleinen Versorger.
"Die neuen Marktteilnehmer werden für Ihr Vertrauen in die Politik bestraft", sagt der Chef des Stadtwerke-Verbundes Trianel, Sven Becker, im Manager Magazin.
Liegt es an der immer noch fragmentierten Interessenvertretung? Dass sich die Kommunalunternehmen politisch nicht effektiv organisiert haben, ist ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Organisation: Mehrere Verbünde konkurrieren miteinander. Und während sich einige Stadtwerke als Rivalen der Konzerne verstehen, arbeiten die anderen mit diesen Hand in Hand. Kein Wunder, dass der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) (mit Hannovers OB Stephan Weil an der Spitze) nicht in der Lage ist, die Interessen aller Stadtwerke zu bündeln -- er vertritt schließlich beide Seiten.
Groß ist der Sektor schon, beim VKU sind neben den Energieerzeugern auch andere Kommunalfirmen (Wasser, Wärme, Abfall u.a.) vertreten, 240.000 Beschäftigte stehen dahinter. Aber das beeindruckt die Bundesregierung offenbar nicht genug.
Der VKU hat sich immerhin zu einer Pressemitteilung durchgerungen: "Bundesregierung behindert Wettbewerb auf dem Energiemarkt", heißt es, von "großer Enttäuschung" ist die Rede.
Gegen die Wand laufen will der VKU aber auch nicht. Er macht das, was Verlierer in Deutschland eben so tun: Kompensation fordern.
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