Donnerstag, 25. August 2011

"Die Zeiten sind schwer, wir brauchen großartige Lobbyisten" -- Public-Affairs-Fernstudium an der DUW Berlin

"Wenn man das hier alles bekommt, das theoretische Wissen mit dem praktischen Austausch, entstehen hier großartige Lobbyisten. Und die Zeiten sind schwer, wir brauchen großartige Lobbyisten."
--  Gregor Schönstein (Managing Partner, Public Interest Consultants, Brüssel), DUW-Dozent

Der berufsbegleitende Master-Studiengang "European Public Affairs" der Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW) Berlin nimmt Fahrt auf. Die DUW, eine Tochter von Freier Universität und dem Klett-Kozern, der schon einige Hochschulketten betreibt.  Besonderheiten des EPA-Studiums: Fokus auf EU-Lobbying und europäische Kommunikation, Online-Fernstudium mit einigen Präsenzblöcken in Berlin-Dahlem.

Studiengangsleiter ist Peter Filzmaier, der als Professor an der österreichischen Donau-Universität fpr Weiterbildung Krems wirkt und dort bereits den berufsbegleitenden M.Sc. Politische Kommunikation leitet. Der österreichische Einschlag bei Dozenten und Studenten ist in diesem DUW-Video nicht zu überhören -- ein etwas ungewöhnlicher Zungenschlag für Berlin-Dahlem, aber es zeigt, dass auch ein deutsches Studium für Österreicher attraktiv ist und nicht nur umgekehrt (zahllose Deutsche pilgern ja für ein berufsbegleitendes Studium nach Krems):


Neben dem großartigen Zitat von Gregor Schönstein (Managing Partner, Public Interest Consultants, Brüssel) hört man Studiengangleiter Filzmeier und Dozent Harald Rau (Professor an der Ostfalia-Hochschule Salzgitter). Über ihr Studium sprechen die Studenten Sandra Breiteneder, Robert Strayhammer und Christina Weichselbaumer.


Das auf zwei Jahre angelegte Fernstudium, das zum Master of Arts führt, richtet sich an Interessenvertreter in spe auf europäischer Ebene. Strukturen, Prozesse und Akteure der EU stehen im Curriculum ganz oben, hinzu kommen PA-Instrumente sowie Führungs- und Kommunikationskompetenz. Ein bißchen Forschung ist auch dabei, schließlich steht am Ende eine Thesis. Beim Studienbeginn zeigt sich die DUW besonders flexibel: Der individuelle Einstieg ist 4x jährlich (Januar/April/Juli/Oktober) möglich. Das Preisetikett: 15.000 €.

Das Modulhandbuch mit den Kursbeschreibungen und die Studien- und Prüfungsordnung sind online verfügbar.

Ein Public-Affairs-Thema für sich: Die Zulassungsvoraussetzungen

Das Kleingedruckte sollte man schon lesen, vor allem, wenn man zur neuen Generation gehört und sich "nur" mit einem Bachelor bewirbt. Der M.A. wird nämlich nur verliehen, wenn unter Einbeziehung des vorangehenden Studiums ein Studienumfang von 300 Leistungspunkten (ECTS, Credit Points = Zeitaufwandsmaßzahl) nachgewiesen wird. Wer als Bewerber einen Hochschulabschluss hat, der zwischen 180 und 210 Punkte zählt, erhält statt der Master-Urkunde nur ein Zertifikat.

Absolventen klassischer Diplom-, Magister- oder Staatsexamen-Studiengänge stört das nicht, aber Absolventen 6-semestriger Bachelor-Studiengänge bringen typischerweise 180 Punkte mit -- und haben daher eine Punktelücke.

Die DUW ermöglicht ihnen jedoch, die "fehlenden Leistungspunkte entweder durch zusätzliche hochschulische oder außerhochschulische Studien‐ und Prüfungsleistungen erwerben und anrechnen [zu] lassen oder einen Antrag auf Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen oder herausragender berufspraktischer Qualifikationen [zu] stellen."

So macht es übrigens auch die Konkurrenz von der privaten Quadriga Hochschule Berlin: Wer sich etwa für den MBA "Public Affairs & Leadership" (17.000 Euro) bewerben möchte, muss 240 ECTS-Punkte mitbringen. Das tun aber nur Acht-Semester-Bachelors oder die Absolventen alter Studiengänge.

Die Krücke mit den Extrakursen oder Praxisanrechnung ist notwendig, weil der Gesetzgeber für den Master 300 Punkte als Regelrahmenwerk fixiert (Standard: 180 Bachelor + 120 Master). Ein normaler Vollzeit-Master (zwei Jahre) liefert heute stets 120 Punkte. Es gibt aber zahlreiche Weiterbildungs-Master auf dem Markt, die nur 60 oder 90 Punkte bieten (anderthalb bis zwei Jahre). Bisher war das noch kein großes Problem, weil sich die Teilnehmer überwiegend aus der Vor-Bologna-Generation rekrutieren. Das ändert sich rasch.


Die Crux:
  • Kein Ministerium genehmigt einen Teilzeit-Master, der in anderthalb oder zwei Jahren Studienzeit 120 Punkte vergeben will. Das wäre nämlich praktisch ein Vollzeit-Studium, das von Berufstätigen nicht geleistet werden kann. Die Aufsichtsbehörden definieren Teilzeit als 50%: Statt 30 ECTS-Punkten pro Semester erwerben die Teilzeitstudenten nur 15 pro Semester. Mit einigen Tricks lassen sich statt 60 auch 90 Punkte in zwei Jahre pressen, aber mehr lassen die Ministerien nicht zu.
  • Darum wäre ein real auf 120 Punkte aufgerüsteter Weiterbildungs-Master in Teilzeit wenig attraktiv für Berufstätige: Er würde nämlich dreieinhalb bis vier Jahre dauern.
Manche Hochschulen lassen auch "180er" Bachelors zu und prüfen sie zum Master. Das ist legitim, schließlich ist das im Ausland auch so (beispielsweise gibt es viele "60er" Master in der Schweiz, den Niederlanden oder England), und für private Arbeitgeber ist die am Ende erreichte Punktzahl irrelevant.

Aber: Eine Einstufung in den Höheren Dienst des öffentlichen Dienstes verlangt in der Regel, dass der Bewerber am Ende auf 300 Punkte kommt -- sonst wird er nur in den Gehobenen Dienst eingestuft wie ein Bachelor, wenn er Pech hat. Eine Klippe, die vor allem FH-Absolventen kennen sollten, denn deren Master werden sehr genau geprüft. "Master ist Master" gilt nicht immer.

Für den Public-Affairs-Absolventen ist es zweifellos wichtig, sich die Option für den Öffentlichen Dienst offenzuhalten. Und dann wäre da noch die Frage nach der Promotions-Zulassung für die Ambitionierten -- eine Dose, die dank Guttenberg und Co. gerade wieder geöffnet wird. Bisher sagen die Promotionsordnungen zu ECTS-Punkten  oft gar nichts, aber das mag sich ändern.

Derzeit haben wir ein Nebeneinander von Master-Studiengängen mit 120, 90 und 60 ECTS-Punkten. Aber alle Master sollen formal gleichwertig sein. Was etwas merkwürdig ist, wenn ein Master-Absolvent doppelt so viel Unterricht durchlaufen hat (120) wie der andere (60).

Darum hat sich der Gesetzgeber die 300-Punkte-Regel ausgedacht, die auf dem Erststudium fußt. Aber auch eine Hintertür offengelassen. Die Ländervereinbarung besagt:
Davon kann bei entsprechender Qualifikation der Studierenden im Einzelfall abgewichen werden. Das gilt auch dann, wenn nach Abschluss eines Masterstudiengangs 300 Leistungspunkte nicht erreicht werden. Nachgewiesene gleichwertige Kompetenzen und Fähigkeiten, die außerhalb des Hochschulbereichs erworben wurden, sind bis zur Hälfte der für den Studiengang vorgesehenen Leistungspunkte anzurechnen.
Verwirrend -- für Studenten, für Arbeitgeber sowieso und Hochschulen auch. Scheinbar wird hier auch nach der Devise "Don't ask, don't tell" gehandelt. Das Risiko trägt der Student -- ärgerlich, sollte es bei der Bologna-Reform doch um Transparenz und Vergleichbarkeit gehen. Und bei Weiterbildungs-Mastern geht es um viel Geld (Studiengebühren) und Zeit (die man sich von Arbeits-, Familien- und Freizeit abringen muss, bis tief in die Nacht).

Womit der Gesetzgeber offenbar nicht gerechnet hat, ist die Tatsache, dass immer mehr junge Bachelor-Absolventen direkt in den Arbeitsmarkt einsteigen (in Zeiten des Fachkräftemangels ist das ja attraktiv), aber auch möglichst zügig einen Master machen wollen, ohne die erste Berufstätigkeit aufzugeben. Die Nachfrage der "Young Professionals" nach berufsbegleitenden Teilzeit-Studiengängen steigt, wie Die Zeit unlängst notierte. Weiterbildung wandelt sich, und ebenso die Weiterbildungsklientel. Sie wird erstaunlicherweise jünger.

Der Haken:
  • Anders als die klassische Weiterbildungsklientel der 30-45-Jährigen gibt es bei den meisten Bachelors nicht so viel herausragende Berufspraxis oder Zusatzqualifikationen anzurechnen. 
  • Sich mit Vormodulen und Brückenkursen -- die meist Extragebühren und Extrazeit kosten -- sowie bürokratischen Anträgen auseinander setzen zu müssen, trägt zudem nicht gerade zur Transparenz und zur Attraktivität der Weiterqualifizierung bei. 
Ach, Bologna!

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