Samstag, 27. Februar 2010

Europäische Wirtschaftsregierung?

Die Idee einer "europäischen Wirtschaftsregierung" ist nicht totzukriegen. Noch vor kurzem hat sich Spaniens Premier Zapatero in die Nesseln gesetzt mit dem Vorschlag, beim Februar-Gipfel disziplinierende Sanktionsmöglichkeiten für EU-Mitglieder zu beschließen, die durch liederliche Haushalts- und Wirtschaftspolitik die Gemeinschaft gefährden. Die Sanktionsidee kassierte er wenige Tage später wieder ein, nicht zuletzt nach heftigem Widerstand aus Berlin. Aber mit dem Quasi-Mandat für Griechenland hat die EU schon jetzt eine gemeinsame Steuerungsverantwortung.

Die Zeit fragt: "Wie lässt sich das Wort von der »Wirtschaftsregierung« mit Leben füllen, wie schafft man einen besseren, den richtigen politischen Unterbau für die Währungsunion? Sicher ist bislang nur, was nicht passieren wird: Auf keinen Fall wird die EU-Kommission dauerhaft das Kommando übernehmen." Und weist gleich auf den "politischen Albtraum" hin, wie es wohl wäre, wenn Oettinger & Co. verbindlich Politik machen würden.

Gut, so bleibt nur, dass die nationalen Regierungen eben gemeinsam nationale Wirtschaftspolitiken so koordinieren, dass so etwas wie eine EU-Wirtschaftspolitik dabei herauskommt. Dabei ist der Europäische Rat das zentrale Forum und Entscheidungsgremium. Wie das aussehen kann, ist im Rahmen der Nachfolgestrategie zur Lissabon-Agenda 2010 und der "Deutsch-französischen Agenda 2020" die Kernfrage. Offenbar scheint sich Merkel den Vorstellungen von Kollege Sarkozy anzunähern. Van Rompuy drängelt auch in diese Richtung.

Die Willensbildung pro "Wirtschaftsregierung" nimmt allmählich Konturen an... aber ist, wo ein Wille ist, auch immer ein Weg? Man darf sehr gespannt sein, wie sich das tatsächlich umsetzen lässt. Qualitative und quantitative Vorgaben? EU-Inspektoren, die durch die Hauptstädte tingeln? Gruppenzwang bei jedem Regierungstreffen?

Schwer vorstellbar; in den meisten Fällen ist die EU bestenfalls indirekt zuständig und kann nur mit Subventionen und Anreizen steuern. Und der Europäische Rat ist rein formal die unverbindlichste, in der reellen Arbeit die informellste Institution, völlig abhängig von der Tagesform und Chemie seiner Mitglieder, der Regierungschefs.

Kann das alles intergouvernemental funktionieren, wenn man keine supranationalen Entscheidungen will? Irgendwann werden die Befürworter erklären müssen, wie sie sich das alles praktisch vorstellen.

Und: Hat Europas Wirtschaft dazu konstruktive Anregungen zu liefern?

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