Vor allem die gegen Nestle gerichtete Palmöl-Kampagne von Greenpeace treibt die Leute zu bissigen Kommentaren gegen den Konzern. "Name & shame", das Herausgreifen einzelner Unternehmen zur symbolischen Anklage ist der strategische Ansatz. Die Organisation wirft Nestlé vor, zur Zerstörung des indonesischen Urwalds beizutragen und damit die Lebensgrundlage der vom Aussterben bedrohten Orang-Utans zu zerstören. Greenpeace-Aktionen gab es vor der deutschen Zentrale in Frankfurt/Main sowie in Hamburg, Berlin, München, Nürnberg, Soest und Singen. Palmöl wird in Keksen und Riegeln, in Süßwaren, Maggi-Produkten, Kosmetik und Waschmitteln verwendet.
Kernpunkt der Kritik: Nestlés Verträge mit Lieferanten, die Raubbau am Urwald betreiben und gegen das Recht verstoßen. Auch diese Taktik ist Standard: Statt erfolglos die Unternehmen zu kritisieren, die etwa in Indonesien die Regenwälder roden und sich mit harten Bandagen an Landkonflikten beteiligen, setzt Greenpeace die Lebensmittelkonzerne Nestlé, Kraft und Unilever unter Druck, denn sie sind durch ihre bekannten Marken und das notwendige Verbrauchervertrauen viel stärker in der Öffentlichkeit verwundbar.
In diesem Greenpeace (UK)-Videospot "Have a Break, Have a Kitkat" knabbert ein gestresster Büromensch an einem blutigen Affenfinger aus einer Kitkat-Packung:
Unilever und Kraft kündigten ihre Verträge mit der besonders kritisierten indonesischen Firmengruppe Sinar Mas, letzte Woche zog Nestlé nach. In einem Statement zum Thema Palmöl stellte der Konzern fest, nach der Veröffentlichung des Greenpeace-Berichts zur illegalen Waldrodung 2009 habe Nestlé eigene Untersuchungen angestellt und die Lieferverträge mit Sinar Mas gekündigt und ersetzt. Allerdings findet das Palmöl auch noch über den Lieferanten Cargill seinen Weg in Nestlé-Produkte. Auf der Nestlé-Fanseite greifen die "Fans" den Konzern daher weiter an.
Bis Mitte Mai, so heißt es in einem Bericht des britischen Guardian, sollen die letzten Spuren des Sinar-Mas-Palmöls aus der Nestlé-Produktpalette verschwunden sein. Ab 2015 will Nestlé zudem in allen Produkten nur noch "Certified Sustainable Palm Oil" verwenden; bisher seien die Mengen umweltfreundlich produzierten Palmöls allerdings noch zu gering. Immerhin kaufe der Konzern bereits Green Palm-Zertifikate, Teil eines Öko-Handelssystems. Nestlé weist auch darauf hin, dass das Unternehmen seit 2004 dem “Roundtable on Sustainable Palm Oil” (RSPO) angehöre.
Die Facebook-Fanseite ist inzwischen alles andere als eine Fan-Seite, wie DNA13 feststellt. Nestlé lässt das erst einmal laufen und zieht sich defensiv hinter seine Statements auf der Unternehmens-Website zurück. DNA 13 meint, das sei ein "unexpected blitzkrieg":
It's a defensive move that implies the complete absence of any social media crisis planning/escalation procedure. For Nestle, any reactionary planning will be too little, too late-the damage has already been done. (...) their fans-turned-foes destroy the brand's reputation on its own turf.Dass sich Nestlé so auf Facebook überrennen ließ, gibt zu denken. DNA13 mahnt, "Community Manager" einzusetzen, die das Monitoring auf Facebook & Co übernehmen; klare Verhaltensregeln für die Teilnahme am Dialog auf der Fanseite zu formulieren, ohne sich dabei allerdings die Freiheit der kompletten Zensur kritischer Posts zu nehmen (das sei nur eine erste Verteidigungslinie gegen Gerüchte und Desinformation); und einen Krisenreaktionsplan, in dem die unterschiedlichen Stufen der Kritik und Angriffe beschrieben werden.
Danke für den interessanten Artikel. Die Auswirkungen auf die Online Reputation für Nestlé anhand einer SOM-Analyse können hier nachgelesen werden:
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