Mit seiner Wirtschaftskammer hat Österreich ein recht institutionalisiertes Interessenvertretungssystem, analog zur Arbeiterkammer u.a.. Das Kammersystem geht politisch weit über die deutschen IHKen hinaus, auch wenn sie dieselbe Rechtsform (Körperschaft des öffentlichen Rechts) haben.
Unumstritten sind sie aber nicht, und auch über Reformen wird vermehrt diskutiert. Die große Heterogenität der Wirtschaftsinteressen macht die Konsensproduktion in der Kammer nicht einfach.
Im Wirtschaftsblatt hat der Wirtschaftssprecher der Sozialdemokraten, Christoph Matznetter, jüngst ein „Weg vom Industrie-Lobbying“ gefordert. Teil des Wahlkampfes, denn auch zur Wahl der Wirtschaftskammer (27.2.-2.3.) treten Parteigruppierungen an.
Das von den korporatistischen Kammern abgewandte, eher pluralistische Public Affairs Management, wie es von einigen Beratungsgesellschaften in Wien - organisiert in der ALPAC - seit rund 10 Jahren professionell angeboten wird, scheint Matznetter nicht zu gefallen.
Ein Problem, seiner Meinung nach: Die Kosten für den Mittelstand, die die Kammer als Interessenvertretung mangels Ressourcen weit weniger nutzen können und über sonstige Verbände und Berater seltener ergänzen können. Die Industrie wird auch durch die Industriellenvereinigung vertreten und leistet sich zudem teure Lobbyisten. KMU und Ein-Personen-Unternehmen (EPU) zahlen mehr in die WKÖ ein als Große, weil die für die Kammerumlage relevante Lohnsumme nur in Österreich anfällt. ... Kostenmäßig ist die Außenwirtschaft mit über 100 Stellen der größte Posten der WKÖ, der fast nur von der Exportwirtschaft genutzt wird. Das sind meist Großbetriebe, was vor allem von den sogenannten Industrierebellen sehr gerne negiert wird." Der SP-Fokus für die Arbeit in der Wirtschaftskammer liege auf dem Mittelstand: "klar weg vom Industrie-Lobbying, hin zu den Kleinen."
Allgemein findet er das Kammersystem zwar verbesserungswürdig, aber sonst "sehr gut: Alle Wirtschaftstreibenden haben eine zentrale Interessensvertretung, die demokratisch gewählt wird. Das ist der wesentliche Vorteil gegenüber anderen Lobbying-Gruppen. Wer glaubt, dass man besser vertreten ist, wenn jede Branche, wie in den USA, eigene Interessensvertretungen hat, wird sehen, dass es dann nur mehr darum geht, wer am meisten zahlt. Manche Branchen wären dann gar nicht mehr vertreten."
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