Sonntag, 7. März 2010

Mit Westerwelle auf Reisen

Letzte Woche schrieb Georg Meck in der FAZ:
Die Krönung im Buhlen um die Regierenden besteht für so manchen Manager darin, auf eine Auslandsreise mitgenommen zu werden. Die Plätze im Flieger jedoch sind knapp, wer also darf mit? Gelost wird nicht, versteigert werden die Tickets auch nicht, nicht der Preis führt Angebot und Nachfrage zusammen, sondern die Regeln des politischen Betriebs, so erläutert es ein Ministerialer: Welchem Manager schulde ich einen Gefallen? Wen brauche ich demnächst für ein wichtiges Projekt? Wo sitzt ein Parteifreund?
Ein gut beleumdeter Mittelständler ist für die Reisegesellschaft obligatorisch, auch etwas Öko macht sich gut. Wenn ein Vorstandschef nachhelfen will, dann nicht mit Geld ("das bringt gar nichts"), sondern mit einem Großprojekt: Zur Unterzeichnung eines Milliardenvertrages in der Ferne gesellt sich ein Minister gerne. Und schöne Bilder gibt es auch.

Geld bringt doch was, will der Spiegel in seiner neuesten Enthüllung sagen. Ihm zufolge ist bei Außenminister Westerwelles Südamerika-Reise in dieser Woche der Gründer von United Internet, Ralph Dommermuth (1und1, gmx.net), dabei. Der überwies 2005 48.000 Euro an die FDP. Bei Westerwelles Antrittsbesuchen in Estland, Japan und China im Januar war laut Magazin der Unternehmer Cornelius Boersch Teil der Delegation, Gründer der Schweizer Beratungs- und Beteiligungsfirma Mountain Partners Group - und hat der FDP bislang über 160.000 Euro gespendet.

Nunja. Westerwelles aktuelle Problemkomplexe mal ausgeklammert, die der Meldung mediale "Brisanz" geben: Auslandsreisen waren noch nie unpolitisch und parteipolitisch völlig neutral. Mit jedem Regierungs- und Ministerwechsel ist klar, dass neue, andere Unternehmen und Branchen Zugänge bekommen, die sie vorher nicht hatten.

Wirtschaftsdelegationen werden auch nach politischen Präferenzen besetzt. Normalerweise stimmen sich die Ministerien sehr konkret mit den einschlägigen Wirtschaftsverbänden und Unternehmen, die an einem bestimmten Zielland Interesse haben, über Inhalte und Besetzung ab. Das ist nicht das persönliche Projekt eines Ministers, sondern weitgehend institutionell geregelt.

Aber: Logisch ist, dass politisch aktive Unternehmer und Unternehmen eher berücksichtigt werden als politisch nicht aktive. Es liegt ebenso auf der Hand, dass bei den ersten Delegationsreisen eines neuen Ministers dies auch offenkundig wird. Sicher ist, dass das auch 1998/99 und 2005/2006 sichtbar war.

Westerwelle verbittet sich die Kritik:

"Das läuft bei mir so, wie es bei meinen Vorgängern gelaufen ist", erklärte er zur Auswahl seiner Reisedelegation. Auch das Auswärtige Amt versicherte, die Teilnehmer seien nach den üblichen Kriterien aus etwa 60 Namen ausgewählt worden. "Über die Zusammensetzung der Wirtschaftsdelegationen wird in einem eingespielten Verfahren entschieden", hieß es. Die Mitreisenden bezahlten auch. Die Einladungspraxis laufe bei ihm "wie bei allen anderen Vorgängern auch", sagte Westerwelle.

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