Mittwoch, 16. Juni 2010

Kommerzielle US-Hochschulen mobilisieren ihre Studenten

Von Präsident Obama hatten die US-Bildungskonzerne, die große Hochschulketten betreiben, eigentlich Unterstützung erhofft. Obama hatte schließlich die Expansion der staatlichen Aus- und Weiterbildungshilfen angekündigt, aus denen sich die For-Profit-Hochschulen überwiegend finanzieren. Sein Bildungsministerium will mit neuen Gesetzen jedoch die Darlehen begrenzen, die die Kunden der Ketten in Anspruch nehmen können.

Der gewisse Unterschied zwischen nichtkommerziellen (öffentlichen und privaten gemeinnützigen) Hochschulen und den For-Profits würde damit wieder größer. Im Kongress werden Anhörungen vorbereitet, bei denen die Staatsgelder für diese privaten Bildungsanbieter auf den Prüfstand kommen.

Bis zu 300.000 Studenten könnten davon betroffen sein, fürchtet der Verband der kommerziellen Hochschulen, die Career College Association (CCA). Die CCA will nun dagegen mobilisieren und hat einer Studenten- und Ehemaligen-Organisation auf die Beine geholfen, die online Unterschriften gegen die Pläne sammelt: "Students for Academic Choice".

Die kommerziellen Hochschulen sind seit den 1980ern schnell gewachsen. Sie richten sich vor allem an berufstätige und andere "nicht-traditionelle" Studenten. Ihre Gebühren sind oft deutlich höher als die öffentlicher Anbieter, aber durch ihre besondere Ausrichtung und viel Service ziehen sie eine große Zahl von Studenten an (inzwischen rund 2 Mio.), nicht zuletzt solche mit geringerem Einkommen.

Das führt dazu, dass eine überproportional große Gruppe staatliche Darlehen in Anspruch nimmt -- und überproportional viele die Darlehen nicht zurückzahlen können. Das hat viele Gründe, doch die Kritiker geben vorrangig den Anbietern die Schuld: Auf Kosten des Steuerzahlers verführten sie Studenten dazu, viel mehr Geld für eine Ausbildung zu bezahlen, als sie im Beruf überhaupt verdienen könnten.

US-Bildungsminister Arne Duncan will nun mit einer Gesetzesklausel dafür sorgen, dass das Verhältnis von Studiengebühren und Verdienstmöglichkeiten im Beruf stimmt, wenn ein staatlicher Kredit in Anspruch genommen wird. Anders gesagt, sind die Gebühren hoch und die anschließenden Verdienstmöglichkeiten gering, soll es kein Darlehen für einen Studiengang geben. Das ist das Konzept des "gainful employment".

Das treibt die Bildungskonzerne zur Weißglut. Sie werfen der Regierung vor, mit willkürlichen Definitionen und mit nicht aussagekräftigen Daten Bildungsoptionen auszuschließen. Die Debatte um richtige und bessere Definitionen, was "gainful employment" ausmacht, wird bisher vorrangig in Fachpublikationen wie Chronicle und InsideHigherEd geführt, erreicht nun aber auch die Mainstream-Medien.

Die Unternehmen intensivieren ihr Lobbying. Ihr Problem: Ihre Studentenklientel neigt nicht dazu, sich öffentlich für ihre eigenen Hochschulen und ihre eigenen Interessen zu engagieren. Im Dachverband der Studentenvertretungen, der U.S. Student Association, finden sie sich nicht wieder.

Also hat die CCA in den letzten Jahren versucht, mit Grassroots-Mobilisierung die eigenen Studenten und Ehemaligen in die Lobbyarbeit einzubeziehen. Beim "Hill Day", bei denen ein- bis zweimal im Jahr Vertreter der Hochschulen auf dem Capitol Hill Gespräche mit Kongressabgeordnete führen, werden regelmäßig Studierende und Alumni eingeflogen, um der Branche ein studentisches Gesicht zu geben. Entstanden ist nun "Students for Academic Choice" -- der Versuch, systematisch ein studentisches Pendant zur CCA aufzubauen.

In den Medien wird das naturgemäß sehr kritisch diskutiert, etwa in der Washington Post. Es liegt nahe, in der Initiative nur eine Marionette der von Konzernen beherrschten CCA zu sehen.

Die CCA, die sich in Kürze zur Association of Private Sector Colleges and Universities (APSCU) umbenennen wird, liefert sich seit Jahren heftige Auseinandersetzungen mit den etablierten Hochschul-Verbänden und Bildungspolitikern.

Mehr zum Thema in: Althaus, M. (2008). Die Anti-Harvards. Wie Bildungskonzerne Amerikas Hochschulwesen revolutionieren. Lit Verlag, Münster und Berlin. Reihe: Bildungsökonomie Bd. 1, 2009, 848 S., 29.90 EUR, br., ISBN 978-3-8258-1946-0

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