Die FAZ stellt sich die Frage, was daran "neu" und "bürgerlich" war – und was man von der These zu halten hat, die Republik befinde sich in einer neuen Ära politischer Partizipation.
Im Vergleich zu früher gebe es schon Unterschiede, insbesondere da sich
der Überdruss sich an ziemlich überschaubaren politischen Fehlleistungen reibt: Brücken über Flüsse, Tiefbahnhöfe, Bologna-Reformen, jahrgangsübergreifende Illusionen an Schulen, das achtjährige Gymnasium. Das dokumentiert, im Vergleich mit älteren Themen wie „Vietnam“ oder der Abschaffung des Kapitalismus durch die Gruppenuniversität, den Pragmatismus dieser Art von Demonstrieren. Man denkt kommunal, was bei Bahnstrecken und Schulreformen, an denen die Leute vor allem stört, dass ihre eigenen Kinder betroffen sind, auch kirchturmspolitische Einstellungen in Kauf nimmt. Aber immerhin hält es den Protest im Bereich entscheidungsfähiger Fragen.Dem Protest fehle damit allerdings auch der Streit um das Grundsätzliche, "ein Begriff der Gründe dafür, warum falsch läuft, was falsch läuft." Die größeren Herausforderungen für die deutsche Politik treibe den typischen Protestlern keine Tränen der Empörung in die Augen, und das Abstrakte werde durchgehend vermieden. Denn dort ende die Möglichkeit, per Einfühlung Politik zu machen. Man halte sich an die eigene Lebenswelt und blende die komplizierteren, weitergehenden Probleme der "wissbaren Zukunft" aus:
Die jüngsten Proteste halten sich an leicht fassliche Vorgänge: ein Objekt soll verschwinden, ein anderes nicht schnell genug, Brennstäbe machen Angst, Kinder sollen kein Instrument sozialer Nachhilfe sein.
Sobald die Probleme jedoch unanschaulicher werden und das Einfühlungsvermögen nichts mehr ausrichtet, erlischt der Protest.
Dort, wo es um abstraktere Fragen geht, um Strukturprobleme, wird man darum nach wie vor auf die Lobbys, auf den Kapitalismus und seine Funktionsverwandten in Verwaltung, Wissenschaft und Recht hoffen müssen. Oder einfach gar nicht hoffen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen