Sonntag, 14. August 2011

US-Anwaltsverband überrascht mit Forderung nach härterem Lobbyregister


Rechtsanwälte gelten in Berlin, Brüssel und anderswo in Europa eher als Bremser, wenn es um schärfere Regulierung der Interessenvertretung und Offenlegungspflichten in Lobbyregistern geht. 

Anders in Amerika. Die American Bar Association (ABA) hat am vergangenen Mittwoch eine Resolution verabschiedet, die engere Lobby-Regeln fordert. Die Vorschläge wären die umfassendste Reform der Lobbyvorschriften seit 2007 und erhalten Zuspruch sowohl von lobbykritischen Watchdog-Organisationen wie vom Berufsverband American League of Lobbyists (ALL). Die Juristenvereinigung ABA hat rund 400.000 Mitglieder, rund die Hälfte der in den USA zugelassenen Anwälte.

Die Reformideen gehen u.a. die Spendenpraxis an, sollen aber auch die bisher weitgehend unregulierten Aktivitäten des "Lobbying Support" unter die Offenlegungspflichten bringen. Dazu gehören Strategieberatung, Meinungsforschung, Coalition-Building und Public Relations-Aktivitäten, die etwa bei Grassroots-Lobbykampagnen von hoher Bedeutung sind und nicht von Anwaltskanzleien, sondern von PA- und Kommunikationsagenturen gesteuert werden.
Die ABA fordert vom US-Kongress eine Ergänzung des Lobbying Disclosure Act (LDA). Das Gesetz beinhaltet Registrierungs- und Berichtspflichten in jedem Vierteljahr für die Bundesebene.

Unter anderem soll eine 2-jährige Karenzzeit für Interessenvertreter geschaffen werden, in der sie keine Partei- und Wahlkampf-Spenden für die Wiederwahl von Abgeordneten sammeln dürfen, während sie aktiv Lobbyarbeit bei diesen Abgeordneten leisten – oder umgekehrt: Spender und Fundraiser, die Spenden für Abgeordnete gesammelt haben, sollen zwei Jahre lang diese nicht lobbyieren dürfen.

Lobbyisten soll das Spenden und Spendensammeln für Abgeordnete verboten werden, die sie wegen bestimmter, enger finanzielle Vorteile für Auftraggeber lobbyiert haben. Dabei geht es der ABA insbesondere um die sogenannten „earmarks“ – individuelle Haushaltsvorlagen, die außerhalb des formalen Haushaltsprozesses oftmals in andere Gesetzentwürfe eingeschmuggelt werden, um z.B. die Finanzierung von Projekten in den Wahlkreisen zu ermöglichen. Diese sind verfassungs- und haushaltsrechtlich hoch umstritten, aber für Abgeordnete wie Lobbyisten sehr attraktiv. Die demokratische Kongressmehrheit hatte 2007-08 versucht, diese Praxis auszuhebeln, scheiterte aber.

Die ABA will freien Lobbyisten/Agenturen zudem untersagen, mit Klienten Erfolgshonorarverträge (contingency fee contract) abzuschließen, die dann gezahlt werden, wenn ein „earmark“ oder ähnliche finanzielle Vorteile auf Gesetzesbasis tatsächlich durchkommt.

Die ABA will auch den Schwellenwert für Offenlegungspflichten verändern: Bisher gilt, dass sich jeder als Lobbyist registrieren lassen muss, der in einem Vierteljahr mindestens 20 Prozent seiner beruflichen Arbeitszeit auf Lobbyarbeit für einen bestimmten Arbeit- oder Auftraggeber verwendet. Der ABA ist diese Definition zu eng. Die ABA verlangt einen „vernünftigen“ Schwellenwert, spezifiziert diesen allerdings (noch) nicht. Er soll jedenfalls so gestaltet werden, dass kleinere Firmen und Einzelberater weniger belastet werden. 

Außerdem möchte die ABA Kommunikations- und Beratungsaktivitäten, die die direkte Lobbyarbeit unterstützen  (“lobbying support”), unter die gesetzlichen Offenlegungspflichten des Registers fassen. Die ABA nennt explizit Strategieberatung, Meinungsforschung, den Aufbau von Bündnissen (Coalition-Building) und Public Relations-Aktivitäten.

Auch bei der Umsetzung des Lobbying Disclosure Act will die ABA eine Neuerung durchsetzen. Der LDA soll in die Regie einer neuen, eigenen Verwaltung übergehen, die zur Formulierung und Durchsetzung von Detailvorschriften, von Untersuchungen sowie Strafen ermächtigt wird. Das wird nicht näher spezifiziert -- gedacht ist wohl an eine eigene Agentur oder an ein Referat im Justizministerium.

Ein positives Echo kommt u.a. von der lobbykritischen Organisation Public Citizen. Ziel müsse sein, das Korruptionspotenzial im Zusammenhang von Geld und Lobbying bekämpfen. Dass die ABA genau dies fordere, sei „phänomenal“. 

Applaus kommt auch vom Berufsverband American League of Lobbyists (ALL), der derzeit an eigenen Reformvorschlägen arbeitet. Der Vorsitzende Howard Marlowe lässt sich von Politico mit einem „Hallelujah“ zitieren. Ein Reformpaket nach den Ideen der ABA würde die Rahmenbedingungen für unterschiedliche Interessenvertreter vergleichbarer machen und Interessenvertreter als solche klar erkennbar machen („you will always know that someone who is lobbying you is actually a lobbyist”). Nur mit den strikten Fundraising-Vorschriften hat Marlowe Probleme. Zwar sei eine Reform der Wahlkampffinanzierung im Kontext  der Lobbyarbeit notwendig, aber die ABA-Ideen hält er für nicht praktikabel. Die ALL will dazu im Herbst eigene Vorschläge vorlegen.

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