Donnerstag, 8. September 2011

Google+ "Hangouts" für Kampagnenbüros, "Circles" für Wahlkreise

Im Washingtoner K Street Café gibt es neue Einsichten zu Social Media in der US-Politik zu lesen.

Der letzte Schrei in der Online-Kommunikation ist Google+. Colin Delany macht sich im von e.politics übernommenen Beitrag "What Google+ Means for Political Advocacy and Campaigning: Initial Thoughts" Gedanken darüber, wie sich Politikprofis darauf einstellen können. Die neue Plattform dürfte sich schnell in ihren Funktionen weiterentwickeln. Derzeit sehe man noch recht wenig von den Möglichkeiten. Interessant seien u.a. der Video-Chat (“Hangouts”) für kleine Gruppen von 10 Personen: das sei eine gute Option fürs Freiwilligenmanagement und für regional verstreute Kampagnenbüros.

"Sparks", ein Twitter-ähnlicher Infodienst, könnte sich zu einem bevorzugten Nachrichtenmedium für die Nutzer entwickeln, vielleicht sogar zur wichtigsten Nachrichtenquelle überhaupt. Prognose: News mit Video und Bildern dürften davon besonders profitieren.

Ebenso interessant wie kritisch ist der Hinweis, dass Google bereits heute sehr, sehr viel über seine Kunden weiß. Das dürfte automatisch maßgeschneiderte Nachrichten- und Info-Streams erlauben: Geliefert wird das, was Google als für den Nutzer interessant erachtet. Und das sei dann doch ein sehr wichtiger Zusammenhang -- Wissen ist eben Macht. Wobei darauf hingewiesen wird, dass das Versprechen maßgeschneiderter Push-Infodienste auch schon in den 1990er Jahren gegeben wurde, sich bisher aber nur begrenzt realisiert hat.

Empfohlen wird erst einmal: Ausprobieren und mit Google+ herumspielen, um Ideen für die politische Kommunikation zu gewinnen. Facebook werde zunächst den Vorteil haben, dass nur wenige Menschen und Organisationen ihren angestammten Platz bei Facebook zugunsten von Google+ räumen werden. Die Pioniere bei Google+ würden die technikaffinen Leute sein, außerdem dürften eingefleischte Google-Nutzer überproportional dabei sein (u.a. die Gmail-User).

Recht langsam kommt Google+ offenbar im US-Parlament an,
schreibt Patrick Hynes im Beitrag "Congress slow to grab hold of Google+" Nur ein paar Dutzend Abgeordnete sind bereits mit Profilen und Aktivitäten vertreten.

Das sei deshalb überraschend, weil die Funktion "Circles" sich bei den vor allem auf ihre Wahlkreise konzentrierenden Politiker sehr leicht ihre Bürger im Wahlkreis von anderen Kontaktpartnern trennen können. Ihre Büros investieren viel Zeit, um das weniger relevante Social-Media-Nachrichtenaufkommen von den wirklich wichtigen Wahlkreis-Mitteilungen zu trennen. Zudem ließen sich mit den "Circles" bessere Themen-Verteiler aufbauen: Abgeordnete könnten sich Gruppen z.B. speziell für Umwelt- und Energiepolitik-Interessierte konstruieren, um gezielter Kommunikation zu betreiben.

Offenbar habe sich Google noch nicht intensiv um die Kongress-Klientel bemüht. Facebook und Twitter arbeiteten recht aktiv mit den Politikern, von Google sei noch keine Google+-Promotion auf dem Kapitolshügel zu sehen. Allerdings könnte sich das mit dem anstehenden Wahljahr 2012 ändern: Auch Facebook und Twitter seien in und mit heißen Wahlkampfphasen rasant gewachsen.

Mobil mobil machen: Apps als kritischer Kanal
Jeff Mascott erläutert im Beitrag "Mobile Advocacy Strategy", warum sich die politische Kommunikation mehr und mehr auf mobile politische Kommunikation einstellen muss -- weil die Menschen weniger und weniger Zeit an ihren Desktops und Laptops verbringen. Mobile Apps seien inzwischen ein kritischer Kanal, um sein Publikum zu erreichen.

"The Web is Dead", titelte das IT-Magazin Wired bereits 2010, erinnert Mascott. Schlankere, einfachere Dienste passten einfach besser in den Alltag. Die Menschen wollten nicht mehr im Internet suchen, sondern vor allem etwas bekommen. In Verbindung bleiben und Informationen beziehen sei nicht mehr stationär, sondern zunehmend "on the go".

Mit Websites allein seien Online-Kampagnen nicht mehr zu machen. "Grassroots Action Centers" und die diversen Tools -- etwa für komfortable Protest-Emails an zuständige Abgeordnete -- blieben zwar unverzichtbar. Apps bringen die Funktionen aber auch zum mobilen Nutzer, der zwischendurch Politiker anschreibt, Petitionen unterschreibt oder sich für Verantaltungen anmeldet. 

Und: Da die mobilen Endgeräte meist Telefone wie das iPhone sind, bietet sich die Kombination an -- die Amerikaner lassen sich von Kampagnen gerne mal zu ihrem Abgeordneten durchstellen, und das geht per App dann auch auf Knopfdruck von unterwegs.


CMF-Studie zu Social Media in Abgeordnetenbüros
Brad Fitch fasst im Beitrag "Social Congress: Perceptions and Use of Social Media on Capitol Hill"
eine Studie der Congressional Management Foundation (CMF) zusammen, die die Einstellungen und das Nutzerverhalten in den Abgeordnetenbüros untersucht hat.

Social Media sind laut der Studie bei den meisten Abgeordneten nicht mehr wegzudenken, sie haben sie in ihre Medien- und Wahlkreiskommunikation weitgehend integriert.

Auch für den kurzen Draht zur öffentlichen Meinung taugen sie nach Ansicht der Befragten; Facebook liegt bei dieser Funktion, die Einstellungen der Bürger abzufragen und abzutesten, in der Relevanzeinschätzung vor Twitter und YouTube. Bei der Aufgabe, die eigenen Botschaften zu verbreiten, liegen Facebook und YouTube etwa gleichauf, Twitter liegt deutlich dahinter.


Eine große Mehrheit der Abgeordnetenmitarbeiter ist der Ansicht, dass der Einsatz von Social Media Kommunikation zu Bürgern erlaubt, mit denen die Politiker bisher wenig oder keinen Kontakt hatten.

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