Samstag, 12. Juni 2010

Das große Krabbeln: Ameisenhaufen Gesundheitspolitik

"Die Berliner Gesundheitspolitik funktioniert wie ein Ameisenhaufen", schreibt Eva Quadbeck, Berliner Korrespondentin der Rheinischen Post, in ihrer Kolumne. "Es ist aber ein eigensinniges Völkchen, das dort zu Werke geht: Die Gesundheits-Ameisen arbeiten nicht an einem großen gemeinsamen Projekt, sondern haben sich in verschiedenen Interessenvertretungen organisiert, die jeweils ihren eigenen Ameisenhaufen bauen. Und da ihnen der Wald nicht genug ist, versuchen sie ständig Nadeln, Hölzer und Blätter von den Haufen der anderen zu bekommen..."

Quadbeck schreibt über Hunderte Vertreter der Gesundheitswirtschaft in Berlin. "Es gibt kaum eine Straße im Regierungsviertel, an der nicht die glänzenden Schilder der Gesundheitslobby hängen", meint sie. "An den direkten Interessenvertretern hängt zumdem eine riesige PR-Maschinerie, die in Hinterzimmern Schnittchen-Buffets aufbaut, Kontakte pflegt und Diskussionsforen organisiert. Dabei geht es meistens darum, die sogenannten 'Effizienzreserven im System' zu heben. Auf gut deutsch: Bei den anderen zu sparen."

Keinesweg setzt die Gesundheitswirtschaft also nur auf Insider- und Experten-Lobbying, denn die Politik weiß sich durch Taktik und Trutzburg-Verhalten zu wehren. So wird die öffentliche Meinung genutzt, den Medien kommt eine zentrale Rolle zu. "Wenn die Lobbyisten im Ministerium nicht weiter kommen, dann werden eben die Medien mit Informationen gefüttert", so Quadbeck. Sie rät den Journalisten-Kollegen zu Vorsicht.

"Man kann nicht behaupten, dass man von Lobbyisten angelogen würde, nein (!), so weit sollte man schon aus juristischen Gründen nicht gehen. Aber man bekommt eben stets eine maßgeschneiderte Wahrheit serviert. Diese wird stets mit zwei, drei Auftragsstudien garniert, die in hübschen Tabellen und Kuchen-Grafiken belegen, dass der betreffende Auftraggeber schlicht und ergreifend zu wenig Geld aus dem milliardenschweren Gesundheitstopf erhält."

"Wer den Wahrheiten der anderen nicht die eigenen Wahrheiten entgegensetzt und sich am großen Krabbeln der Lobbyisten nicht beteiligt", meint Quadbeck, "geht bei der nächsten Umverteilung leer aus."

Merke: Eine Wahrheit gibt es nicht, sondern viele Wahrheiten.

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