Private Hochschulen geraten immer öfter in schweres Fahrwasser, manche gehen dabei unter. Nur wenige Medien im Raum Berlin haben davon Notiz genommen, dass die "Internationale Hochschule für Exekutives Management" (IHB) schließt. Damit war's das auch für Berlins einzigen Bachelor-Studiengang "Politikmanagement".
2007 gegründet, 2008 in Berlin-Schmöckwitz (Grünau) für den Studienbetrieb eröffnet und zuletzt mit immerhin rund 80 Studenten in drei Bachelor-Studiengängen, schien die IHB keinen schlechten Start zu haben.
Sie war das akademische Spinoff einer kleinen, erfolgreichen Schulkette im Berliner Südosten und im Speckgürtel, den "Studienpädagogischen Privatschulen" ("Villa Elisabeth" u.a.) des Unternehmerehepaars Sabine und Kristof von Platen.
Die von Platens sind regionalpolitisch keine ganz Unbekannten: Sie ist in der brandenburgischen CDU aktiv, er kandidierte 2005 gar für die FDP für den Bundestag und war auch mit einer eigenen PR-Agentur in politischen Kreisen aktiv. Beide sahen in einem praxisorientierten Studium für Politik-Interessierte eine Chance. Mit angehenden Sport- und Kultur-Managern teilten die Politik-Manager ein wirtschaftswissenschaftliches Teilstudium.
Der Politikmanagement-Studiengang war ein Aushängeschild der IHB. Präsidentin Martina Plümacher weihte erst im Frühjahr den jungen Parteien- und Extremismus-Forscher Florian Hartleb (30, zuletzt TU Chemnitz) zum Professor für Politikmanagement und Leiter des IHB-Instituts für Politikmanagement, der umgehend eine Reihe von interessanten Veranstaltungen, Exkursionen und Kooperationen auf die Schiene setzte. Er wirkte bei der Sommeruni der European Democrat Students mit, gab fleißig Medieninterviews zur aktuellen politischen Lage, holte Prominente wie Rainer Eppelmann an die IHB, besuchte mit den Studenten Merkels Redenschreiber im Kanzleramt, Bundestagsabgeordnete, eine Landesvertretung und die Public-Affairs-Agentur Johanssen + Kretschmer. Praxisferne kann man da nicht kritisieren.
Dann aber muss es schnell bergab gegangen sein. Zum 30. September stellte die Hochschule ihren Betrieb ein. Warum, darüber ist offiziell nur wenig zu erfahren. Einerseits heißt es, die Unternehmer hätten "aus persönlichen Gründen" die staatliche Anerkennung an den Berliner Senat zurückgegeben.
Die rund 80 Studenten, ihre Eltern, die Professoren Hartleb, Martina Dillmann und Patrick Föhl (Kulturmanagement) und Gabriele Mielke (Sportökonomie) und sonstige Mitarbeiter erfuhren das am 15. September 2010 auf einer Vollversammlung der Hochschule. Offenbar hatte die Hochschule sogar kurz zuvor noch neue Studenten immatrikuliert. Es war auch nicht die erste Versammlung, auf der die Wut hochkochte - schon im Frühjahr gab es dem Vernehmen nach Proteste von Studenten gegenüber der Hochschulleitung (eher selten an privaten Einrichtungen).
Für die Studenten, die bisher rund 500 Euro Monatsgebühren überwiesen, hieß das: Exmatrikulation und Umzug an andere Hochschulen. Ein Großteil der Studenten sind nun offenbar an die Business School Potsdam gewechselt, die bereits die Studenten (und Dozenten) der im letzten Winter zusammengebrochenen University of Management and Communication (UMC) abwarb. Die BSP musste offenbar in Windeseile ihr Curriculum anpassen, damit die IHB-Studenten dort ihr Studium fortsetzen konnten. Ein Vorteil der Private: Gut geführt, können sie recht flexibel und schnell umbauen und nach Bedarf erweitern.
Auch für Florian Hartleb wurde flugs eine Stelle geschaffen, eine Vertretungsprofessor für das Lehrgebiet Politische Kommunikation und Politikmanagement im Studiengang Bachelor für Kommunikationsmanagement. Auf Facebook bezeichnet Hartleb das Desaster in Schmöckwitz übrigens als "awful and shameful collapse", spricht von "Unfähigkeit an allen Ecken und Enden...selbst bei der 'Abwicklung'".
Die Präsidentin der IHB wechselte derweil als Geschäftsführerin an die Freie Waldorfschule Berlin-Kreuzberg.
Andererseits gibt es Zweifel an der Version der rein "privaten" Gründe für den Rückzug. Vielmehr scheint die IHB im regulatorischen Dickicht gestrauchelt zu sein. Der TV-Regionalsender RBB will aus mehreren Quellen wissen, dass das Hauptproblem der IHB bei der fehlenden Akkreditierung der Studiengänge lag. Offenbar war es insgesamt mit dem "exekutiven Management" der Hochschulleitung nicht so weit her.
Eine fehlende Akkreditierung kann zur Nichtanerkennung der Studienleistungen und Hochschulabschlüsse führen. Erreicht eine private Hochschule nicht das Gutachter-Gütesiegel für ihre Studiengänge, oder droht deswegen gar der Entzug der Betriebserlaubnis, macht das schnell die Runde -- und das ist Gift für eine junge Hochschule, die mühsam die Infrastruktur aufbaut, was meist in den ersten Jahren ein riskantes Verlustgeschäft ist.
Probleme bei der Akkreditierung von Studiengängen durch externe Akkreditierungsagenturen und der Akkreditierung einer Privathochschule insgesamt durch den Wissenschaftsrat sind vielfach Krisenauslöser. Selbst wenn eine Hochschule - wie in Berlin und Brandenburg - ohne vorherige Akkreditierung die vorläufige Betriebsgenehmigung von der Landesregierung bekommt und Studenten immatrikulieren und Professoren berufen darf, lebt sie nur, wie die Amerikaner sagen, von geborgter Zeit.
Der "Bildungs-TÜV" kommt oft erst mit einigen Jahren Verzögerung voll zum Tragen. Für die UMC Potsdam, die schon mehrere Hundert Studenten zählte, war es ein vor einem Jahr ein Desaster.
Der "Bildungs-TÜV" ist umstritten und steht rechtlich auf wackligen Füßen, wie die aktuelle Verfassungsklage des SRH-Bildungskonzerns zeigt (Berichte dazu in FAZ und FTD). Im hochregulierten Bildungsmarkt müssen Hochschul-Unternehmer stets fürchten, dass ihnen nach Jahren des (auch erfolgreichen) Betriebs der Boden unter den Füßen weggezogen wird - weil die errichtete Institution nicht den umfangreichen Ansprüchen entspricht, die das von staatlichen Einrichtungen geprägte Hochschulwesen an die private Konkurrenz stellt. Die Schwierigkeiten lassen sich auch im Ausland beobachten (z.B. in der Schweiz und den USA).
Die von Platens haben nun offenbar die IHB geschlossen, bevor ihr Schul-Unternehmen erheblichen Reputationsschaden erleidet.
Eine subjektiv rationale Entscheidung, sicher. Aber bitter für die Studenten, und schade für die Entwicklung einer professionellen Ausbildungslinie für Politikmanager in der Hauptstadtregion, die sich gerade erst entwickelt -- nicht zuletzt durch die Initiativen privater Hochschulen wie der kommerziellen Quadriga (Helios-Verlagsgruppe) und der Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW, ein Joint Venture von FU Berlin und Klett-Verlagsgruppe).
Dass nicht jede Privathochschule Erfolg haben kann und auf dem Weg zu einem verlässlichen, profitablen Geschäftsmodell viele Stolpersteine warten, zeigt auch die kürzlich veröffentlichte Studie "Rolle und Zukunft privater Hochschulen in Deutschland" vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und McKinsey (Berichterstattung in Zeit, FAZ, FTD und SZ).
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